Die Erzählcafé-Aktion

zuhören | sich austauschen | voneinander lernen

Über die eigene Verletzlichkeit reden lernen – Erzählcafés zum Lebensanfang

Diese Woche fragte mich eine Mutter, deren Baby noch auf der Frühchenstation liegen muss, ob es okay sei, wenn sie nicht allen Freunden erzählt, dass ihr Kind schon geboren sei.
Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie einem Teil ihres Freundeskreises diese wichtige Information vorenthielt. Sie begründete es mir gegenüber damit, dass ihr die Kommunikation über die "nicht so ganz" positive Situation schwerfiele, sie sogar belaste. Sie wolle erst mit anderen darüber reden, wenn sie selbst wieder festen Boden unter den Füssen spüre. Diese Frage höre ich im Klinikalltag immer wieder.

In der eigenen Verletzlichkeit ist es völlig legitim, etwas vorsichtig, tastend und behutsam die neue Rolle im bisherigen Leben und mit den bisherigen Freunden herauszufinden. Dabei können die Kommunikationsstrategien sehr  unterschiedlich sein und ein überschäumendes Mitteilungsbedürfnis ist genauso gut wie eine vorsichtige Annäherung. Ich hoffe immer darauf, dass das soziale Umfeld lernfähig ist und diese unterschiedlichen Reaktionen annehmen kann.

good news und bad news
Doch gerade weil Worte am Anfang manchmal fehlen, probiere ich jetzt auch etwas Neues aus. Die Eindrücke am Anfang sind oft überwältigend, die Geburt kann von phantastisch bis sehr schwierig gewesen sein, das bisherige Leben ist vielleicht auf den Kopf gestellt und so vieles ist so neu… das alles soll nun auch in Basel in Erzählcafés zum Lebensanfang erzählbar werden.

Raum zum Gespräch
Oft bleiben diese Geburtserfahrungen unerzählt, sind aber für das eigene Leben so zentral, dass sie einen eigenen Raum verdienen. Egal ob nun Schwieriges oder Wundervolles, alles darf erzählt werden und seinen Platz im eigenen Leben und Wertschätzung im Zuhören finden.

Dafür findet am 11. Juni das erste Mal ein Erzählcafé für frischgebackene oder auch schon gestandene Eltern zu dem Thema: «So viel Neues!» statt.

Ich muss gestehen, es ist ein Experiment, das mich etwas nervös macht. Aber ich stehe dazu: Alles ist erzählbar, und im Erzählen und Gehört werden kann so manches seinen Platz noch etwas besser finden.